Guardians of the Galaxy, Vol 2
Guardians of the Galaxy, Vol 2
Auch 2018 hat der „Griff in die anonymen Kassen“ (vulgo: die
Gier nach anderer Leute Geld) neue Höchststände erreicht. Dabei sind Klagen
gegen Burgerketten wegen Arterienverstopfung, gegen die Zuckerindustrie wegen
Diabetes oder gegen Zigarettenhersteller wegen Lungenkrebs längst old school. Heute
klagt der kundige Verbraucher wegen der Verwendung toxischer Tinte beim Stechen
von Tattoos, nicht mehr zu beseitigender Asymmetrie eines Permanent Makeups (in
den USA ist zur Überraschung vieler die Nachfrage nach einer „permanent Ivanka“
oder auch einem „Melania Makeover“ sprunghaft gestiegen), einer durch eine zu
intensive Gesichtshaarepilation verursachte Neurodermitis oder wegen fehlgeschlagener
Cover-ups.
Eine Amateurmalerin verlangte 10.000,- € von einen
Fernsehsender, weil eines ihrer Bilder (Verkaufspreis 150,- €) zufällig im
Hintergrund einer Vergewaltigungsszene im TV zu erkennen war. Ein Rikschafahrer
aus Bangladesch erhob ähnliche Forderungen, nachdem seine Handynummer von einem
Filmstar in einem Film genannt worden war und der Rikschahfahrer sich nicht
mehr vor den Anrufen verliebter Teenager retten konnte. Ein englischer Polizist
hat 12.000,- £ für einen im Dienst erlittenen Flohbiss verlangt und auch erhalten;
ein Absolvent der University of Oxford hat seine Professoren verklagt, weil
deren unzureichende Ausbildung zu schlechten Examensnoten geführt hätte, was
seine Chancen auf eine Anstellung in der City schmälere. Mexikanische Bauern
verklagen VW, weil ….
Und ein Mann hat wegen entgangener Sexualfreuden auf Schmerzensgeld
geklagt, weil die Freundin nach einer schiefgelaufenen OP „keine Lust“ mehr
hatte (bemerkenswert auch die Gründe der RichterInnen für die Klageabweisung:
seine „honorige“ Treue zu der Dame stelle eine Art Selbst- oder überwiegenden
Mitverschuldens dar, er hätte eben andernorts seine „Schmerzen“ bekämpfen
können).
Das erinnert an die Stella – Awards: Diese wurden für die
kuriosesten Gerichtsentscheidungen vergeben, benannt nach der berühmten Stella Liebeck,
die in I. Instanz Millionen von McDonalds zugesprochen bekommen hatte, weil auf
ihrem Kaffeebecher die Warnung fehlte, dass Kaffee heiß sei. Warnungs- und
ahnungslos hatte sie den Kaffee in ihrem PKW zwischen ihre Oberschenkel
gestellt und war dann etwas ruckelig angefahren. Das hatte Folgen, einerseits für
Stella und ihre, wie die Engländer so dezent sagen, „private parts“, andererseits
eben für McDonalds. Stella hat in Ms. Deanna Salas - Solano eine würdige Nachfolgerin
gefunden. Diese hat Starbucks verklagt, weil deren heißer Tee ihren Hund namens
Alexander ermordet habe. Der Becher sei ohne Schutzpappe und mit losem Deckel
überreicht worden, was zum Verschütten der brühend heißen Flüssigkeit geführt
habe. Das wiederum habe ihr Kleid schmelzen und ihr laute Schmerzensschreie
entlockt. Diese Schreie hätten Alexander aufmerksam gemacht, der dann vom Rest
des Tees übergossen worden sei, woran er schließlich verstarb; selbst der
Tiernotarzt konnte nicht mehr helfen. Ein Kommentar von Ms. Salas - Solano zu
dem Umstand, dass sie von einer Videokamera beim Telefonieren abgelichtet
wurde, während sich das Drama abgespielt haben soll, war nicht zu erhalten.
Auch der Menschenrechtsgerichtshof Neuseelands ist
preisverdächtig: er hat der Klage eines einsitzenden Kinderschänders, der
später auch noch den Vater seines Opfers ermordet hat, stattgegeben, weil ihm die
Gefängnisleitung das Tragen des Toupets, das er wegen der Entwicklung von
Minderwertigkeitskomplexen aufgrund beginnender Kahlköpfigkeit genehmigt
bekommen hatte (immerhin), wieder verboten hatte, nachdem er diverse Utensilien
für die Befestigung des Kopfschmucks (wie Klebstoff und Klammern) für einen
Fluchtversuch nutzen wollte. Bemerkenswerter Weise stützte Richter Edwin Wylie
sein Urteil auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Weil der Insasse
„die Meinung anderer von ihm beeinflussen“ wollte, sei das Tragen des Toupets „ausdrucksvollen
Inhalts“ gewesen, was den Schutz der Menschenrechtscharta verdient hätte. Shakespeare hat das voraus gesehen:
„There’s many a man hath more hair than wit” (Comedy of Errors).
Einen gewissen Höhepunkt auf der nach oben offenen Stella -
Skala stellt die Klage des Texaners Brandon Vezmar, 37, dar, der seine (jetzt ex-)
Freundin auf 17,53 $ verklagte, nachdem sie einen gemeinsamen Besuch des Films „Guardians
of the Galaxy, Teil 2“, dadurch versaut hat, dass sie mitten in dem - offenbar
nicht allzu aufregenden - Streifen angefangen hatte, auf ihrem Smartphone zu
texten. Er forderte sie barsch auf, das zu unterlassen, was sie emanzipatorisch
ablehnte. Nachdem der Streit eskalierte, verließ sie das Kino im Baxter
Memorial Center. Da man mit ihrem Auto zum Kino gefahren war, musste unser
Freund den Heimweg allein antreten. Es ist unklar geblieben, ob sich die 17,53
$ aus dem Preis für die Kinokarten ergaben oder ob es sich um die Taxikosten
für die Heimfahrt handelte.
Natürlich hat dieser Streit das Interesse der Internet
Community gefunden: während manche Männer mit vergleichbarem
Erfahrungshintergrund vorschlugen, man solle diese und ähnliche Angelegenheiten
gleich zu einer Class Action verbinden, hat ein anderer per Twitter gefordert, statt
des Schadensersatzes in Geld solle doch besser gleich eine Haftstrafe für die
ignorante Beobachterin angeordnet werden. Aber diese Forderung wurde nicht ganz
ohne Befangenheit erhoben, handelte es sich bei dem Petitionisten doch um den
Regisseur der „Guardians…“ James Gunn. Wie hat EU-Kommissionspräsident Jean Claude
Juncker noch gleich über die britische Premierministerin gemeint? Diese lebe
nicht „in dieser Galaxie“. Auf dieses Etikett hat Ms. May ganz offensichtlich keinen
Exklusivanspruch.